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Oberarzt verklagt Chefarzt wegen Mobbings
23.01.2012. Von Mobbing am Arbeitsplatz kann man sprechen, wenn ein Arbeitnehmer von Kollegen oder Vorgesetzten angefeindet, schikaniert oder diskriminiert wird, wenn er sich dabei in einer unterlegenen Position befindet, wenn die feindseligen Handlungen über einen längeren Zeitraum hinweg und systematisch vorgenommen werden, und wenn sie rechtswidrig sind, d.h. wenn es keinen rechtfertigenden Grund gibt (wie es im Falle einer sachlichen Kritik an Arbeitsleistungen).
Etwas ähnliches steht mittlerweile auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wobei das AGG von einer "Belästigung" spricht. Nach § 3 Abs.3 AGG sind diskriminierende Belästigungen verboten. Eine Belästigung ist dabei
"eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird."
Im Unterschied zu der allgemeinen Defintion von Mobbing liegt eine Belästigung im Sinne von § 3 Abs.3 AGG nur vor, wenn sie aus einem "in § 1 genannten Grund" verübt wird, d.h. wenn eine diskriminierende Motiviation zugrunde liegt, z.B. wegen des Geschlechts, des Alters oder der sexuellen Identität. "Bloßes" Mobbing ist dagegen nicht von § 3 Abs.3 AGG erfasst.
Liegt ein diskriminierender Hintergrund für ein (behauptetes) Mobbing nicht vor, haben es Mobbingbetroffene vor Gericht seit Jahren schwer, gegen die Verantwortlichen vorzugehen. Streitig sind dann meist Schadensersatzansprüche wegen eines Erwerbsausfallschadens (falls das Mobbing eine Erkrankung und dadurch bedingt eine längere Arbeits- und/oder Berufsunfähigkeit zur Folge hatte) sowie daneben auch eine Geldentschädigung, da Mobbing (falls es denn beweisbar ist) eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellt. Zu beweisen hat der vor Gericht als Anspruchsteller bzw. Kläger auftretende Arbeitnehmer im Prinzip alles, d.h. das gesamte "Mobbinggeschehen" in allen seinen Einzelheiten. Damit hat er vor Gericht selten Erfolg.
Immerhin hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein kleine Beweiserleichterung anerkannt. Denn wenn einzelne Handlung bzw. Verhaltensweise für sich allein betrachtet noch nicht rechtswidrig sind, kann sich die Rechtswidrigkeit aus einer Gesamtschau aller Handlungen ergeben, wenn diesen eine gemeinsame Systematik und Zielrichtung zugrundeliegt (BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, Rn 56).
Vorige Woche ist ein berühmter Mobbingfall zu Ungunsten des klagenden Mobbingbetroffenen entschieden worden. Hier war ein Klinikarzt der Fachrichtung Neurochirurg seit 1992 als erster Oberarzt tätig und erhielt im Oktober 2001 einen neuen Chefarzt als vorgesetzten. Dieser soll den Oberarzt seit Mai 2002 gemobbt haben. Von November 2003 bis Juli 2004 war der Oberarzt wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig und erkrankte im Oktober 2004 erneut.
Daraufhin verklagte er den Krankenhausträger auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Chefarzt. Hilfsweise verlangt er die Zuweisung eines Arbeitsplatzes, der seiner Leistungsfähigkeit und Stellung bei gleichwertiger Vergütung entspreche, auf dem er jedoch den Weisungen des Chefarztes nicht ausgesetzt wäre. Darüber hinaus begehrt er die Zahlung eines Schmerzensgeldes. Nachdem das Arbeitsgericht Dortmund und das Landesarbeitgericht (LAG) Hamm die Klage abgewiesen hatten, hatte der Oberarzt überraschenderweise vor dem BAG Erfolg. Dieses hob die klagabweisenden Entscheidungen auf und verwies den Prozess zurück an das LAG Hamm (BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06 - wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 07/82 Mobbing durch Chefarzt).
Daraufhin einigten sich Oberarzt und Klinik im Wege eines Vergleichs. Der Oberarzt wird seither im medizinischen Controlling eingesetzt. Schadenersatzansprüche gegen den Chefarzt wurden in dem Vergleich nicht ausgeschlossen, und natürlich war der Chefarzt an dem Vergleich auch nicht beteiligt.
Nunmehr verklagte der Oberarzt in einem zweiten Verfahren den Chefarzt, und zwar auf Ausgleich der durch das Mobbing verursachten Einkommenseinbußen. Eingeklagt waren etwa 500.000 EUR als Schadensersatz. Mit dieser Klage hatte der Oberarzt weder vor dem Arbeitsgericht Dortmund Erfolg noch vor dem LAG Hamm (Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 19.01.2012, 11 Sa 722/10 - Pressemitteilung).
Im Ausgangspunkt ist das LAG zwar der Meinung, dass ein zum Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld verpflichtendes Verhalten dann vorliegen kann, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Soll heißen: Auch dann, wenn eine "Belästigung" nicht diskriminierend ist, aber ansonsten die Voraussetzungen von § 3 Abs.3 AGG erfüllt, kann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen, die Geldansprüche zur Folge hat.
Allerdings ist nicht alles Mobbing in diesem Sinne, was von einem Kläger als Mobbing bezeichnet wird. Denn es ist auch
"zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, aber sozial- und rechtsadäquat sind, nicht geeignet sind, die Voraussetzungen zu erfüllen."
Nach der Vernehmung von immerhin zehn Zeugen kam das LAG zu dem Ergebnis, dass der Chefarzt in den vom Kläger vorgetragenen 29 Vorfällen die Grenzen eines sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens in üblichen Konfliktsituationen nicht überschritten hat. In etwa 2/3 der Fälle waren die Vorwürfe entweder unzureichend vorgetragen oder nicht unter Beweis gestellt. In den Fällen, die Gegenstand der Beweisaufnahme waren, hat sich die mobbingtypische Schaffung eines feindlichen Umfelds nicht feststellen lassen. Soweit sich die Zeugen überhaupt noch an die Konflikte aus den Jahren vor 2004 hinreichend genau erinnern konnten, handelte es sich um Konflikte am Arbeitspatz, die den noch üblichen Rahmen nicht überschritten haben.
Fazit: Wenn man schon wegen Mobbings klagt, sollte man es möglichst bald nach den streitigen Vorfällen tun, denn mit einem Zeitabstand von mehr als sieben Jahren kann man systematische Schikanen kaum jemals nachweisen. Da das LAG die Revision zum BAG nicht zugelassen hat, ist die Angelegenheit damit erledigt. Aus Sicht des Oberarztes eine bedauerliche Entscheidung, da das LAG Hamm in dem Vorprozess immerhin festgestellt hatte, dass der Chefarzt „mobbingtypische Verhaltensweisen“ gezeigt und dass diese die Erkrankung des Oberarztes hervorgerufen hatten. In diesem Verfahren wäre daher wohl eine Klageerweiterung gegen den Oberarzt angezeigt gewesen.
Nähere Informationen finden sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 06.03.2006, 16 Sa 76/05
- Handbuch Arbeitsrecht: Chefarzt
- Handbuch Arbeitsrecht: Mobbing
- Handbuch Arbeitsrecht: Mobbing - Prüfliste für Betroffene
- Handbuch Arbeitsrecht: Mobbing - Rechte von Mobbingopfern
- Handbuch Arbeitsrecht: Mobbing - Tipps für Betroffene
- Handbuch Arbeitsrecht: Mobbing - Definitionen
- Arbeitsrecht aktuell: 17/164 Befristung von Ärzten in der Weiterbildung setzt Planung der Weiterbildung voraus
- Arbeitsrecht aktuell: 14/243 Altersdiskriminierung eines Krankenhausarztes
- Arbeitsrecht aktuell: 11/069 Vorverurteilung durch Vorgesetzten: Schmerzensgeld wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts
- Arbeitsrecht aktuell: 07/82 Mobbing durch Chefarzt
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 27. März 2020
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